Eine starke Schule braucht Partner

Schulpartnerschaften

Von Anfang an war der Aufbau von internationalen Schulpartnerschaften wesentlicher Bestandteil unseres Schulkonzepts. Dabei suchen wir gezielt nach christlichen Schulen im Ausland, um einen Prozess globalen und ökumenischen Lernen anzuregen. Wir sind sehr glücklich, dass dieses Vorhaben inzwischen konkrete Gestalt angenommen hat. Als erstes kam 2007 ein Kontakt nach Frankreich zustande, zum Collège et Lycée Bernard Palissy in Boissy-St-Léger, der einzigen protestantischen Schule im Großraum Paris. In 2008 bahnte sich eine zeitlich begrenzte Kooperation mit der St. Gregory the Great Catholic School in Oxford an, 2009 mit dem Colegio Adventista de Sagunto in Spanien. Mit diesen drei Schulen sind wir für den Zeitraum August 2009 bis Juli 2011 eine Comenius-Schulpartnerschaft im EU-Programm für lebenslanges Lernen eingegangen, das wir als koordinierende Schule in besonderer Weise begleiteten. Zahlreiche gegenseitige Besuche fanden in diesem Zeitraum statt.

2010 richtete sich unser Blick erstmals nach Osten. Unsere Russchischlehrerinnen nahmen Kontakt zum Lyzeum N° 37 in Saratov auf. Auch mit dieser Schule hat sich inzwischen ein reger Austausch etabliert. Regelmäßig sind Gruppen aus dem Domgymnasium an die Wolga gefahren und haben auch wir Schüler und Schülerinnen mit ihren Lehrerinnen bei uns begrüßen dürfen. Immer wieder schwärmen unsere Schüler von der tollen russischen Gastfreundschaft und wir staunen jedes Mal über die beeindruckenden Deutschkenntnisse unserer Gäste.

2012 wagten wir uns in den Fernen Osten bis nach China vor. Das Evangelische Domgymnasium stieg in die schon bestehende Schulpartnerschaft zwischen dem OSZ Flakowski mit der Zhongguang High School in Jiading, einem Stadtbezirk der Millionenmetropole Shanghai, ein. 2013 wurde sie offiziell mit einem Vertrag besiegelt. Seitdem reist in jedem Schuljahr eine Delegation aus Schülern und Lehrern nach Brandenburg bzw. nach Shanghai. Die Besuche stehen stets unter einem Motto (Tanz, Garten, Mobilität, Musik, Ökologie) und sie erlauben beiden Seiten einen sehr spannenden und aufregenden Blick.

Das Collège et Lycée Bernard Palissy ist die einzige protestantische Schule im Großraum Paris und eine der lediglich vier evangelischen weiterführenden Schulen in ganz Frankreich. Sie ist hervorgegangen aus der Ecole Normale d’Institutrices Protestantes de Boissy (1857-1951) und dem Cours Bernard Palissy de Paris (1942-1992). Seit 1952 besteht die Einrichtung als Collège et Lycée in Boissy, zunächst gemeinsam mit dem Pariser Schulteil, seit 1992 als allein übrig gebliebener Teil, der die Tradition fortführt. Seit 1988 ist sie eine staatlich anerkannte Ersatzschule. Mit 285 Schülern handelt es sich um eine kleine, fast familiär wirkende Schule. Von ihrer Größe und aufgrund des konfessionellen Profils sind wir für eine Partnerschaft sehr gut geeignet.

Besuch aus Boissy 2016

Auf dem Gelände, das auf eine Stiftung der protestantischen Bankiersfamilie Hottinguer zurückgeht, befindet sich auch eine 1874 eingeweihte kleine evangelische Kirche, auf Französisch „Temple protestant“, die zunächst der Ecole Normale diente und heute der Gottesdienstort für die evangelischen Familien der ganzen Region ist.

Boissy-St-Léger ist eine kleine Stadt von 17.000 Einwohnern am Rande der Pariser Banlieue im Département Val-de-Marne. Es gibt ein hübsches historisches Zentrum mit einer mittelalterlichen katholischen Pfarrkirche, stattlichen Bürgerhäusern, riesigen Wäldern, die als Naherholungsgebiet geschätzt werden. Die Schlossdomäne von Grosbois beherbergt ein Zentrum des Trabrennsports. Zugleich ist Boissy ein Hauptort der französischen Orchideenzucht.
Zugleich besitzt Boissy auch ein großes Stadtviertel mit Gebäuden des sozialen Wohnungsbaus mit den typischen Problemen der Pariser Banlieue, wenn auch in abgemilderter Form.
Mit dem Vorortzug RER ist man in 30 Minuten im Stadtzentrum von Paris. Vom Dachgeschoss der Schule aus kann man den Montmartre mit Sacré-Coeur und die Tour Montparnasse liegen sehen.

Das allgemeinbildende Lyzeum Nr. 37 wurde 1955 gebaut. Es befindet sich im Frusinskij rajon im Stadtzentrum der Stadt Saratov. Die Schule beinhaltet eine Grundschule und eine weiterführende Schule. Das spezielle Profil der Schule ist die Ausrichtung auf die deutsche Sprache, die ab der Grundschule durchgängig unterrichtet wird. Sie gehört zu den Schulen in Russland, die die DSD-Prüfung in Deutsch abnehmen darf. Das Lyzeum ist Träger vieler Auszeichnungen für seine erfolgreiche pädagogische Arbeit, z.B. erhielt es 2010 die Auszeichnung „Beste Schule des Oblast (Gebiet)“ und ist 2009 und 2010 Preisträger des Wettbewerbs „Erkenntnis und Kreativität“ geworden.

Besuch in Saratov 2017

Unser Gymnasium kooperiert besonders eng mit den Deutschlehrerinnen Olga Viktorovna Remisova und Olga Anatoljevna Chromova. Beide sind erfahrene und mehrfach ausgezeichnete Lehrerinnen, z.B. ist Frau Remisova im Jahre 2014 „Lehrer des Jahres“ im Gebietswettbewerb und Preisträgerin im Regionalwettbewerb geworden. Aus Anlass des 60. Geburtstags der Schule im Jahre 2015 gab es eine große Feier, zu deren Höhepunkten eine an unserem Gymnasium gedrehte Videobotschaft mit einer Grußadresse unseres Schulleiters und einem Auftritt des Schulorchesters gehörte.

Über die Schulpartnerschaft mit dem Lyzeum Nr. 37

Im Dezember 2010 reisten Frau Dr. Seidel und Frau Becker zum Schnupperbesuch ans Lyzeum nach Saratov. Die Schule, die Lehrer und die Stadt haben uns so gut gefallen, dass beide Seiten es als lohnenswertes Ziel ansahen, eine Schulpartnerschaft ins Leben zu rufen.  2013, zu unserem ersten Austauschbesuch in Saratov, wurde ein Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Seit diesem Jahr reisten drei Schülergruppen aus Brandenburg nach Saratov und eine Schülergruppe aus Saratov besuchte uns.

Wir Lehrer freuen uns besonders, dass unsere Schüler in Saratov ihre Russischkenntnisse einem Praxistest unterziehen können und sich nach dem Austausch  mit zum Teil noch mehr Eifer dem Lernen dieser schwierigen Sprache zuwenden.

Über die Stadt Saratov

Saratov liegt an der mittleren Wolga im europäischen Teil Russlands und bildet gemeinsam mit der am anderen Wolgaufer gelegenen Stadt Engels eine Einheit mit ca. 2 Millionen Einwohnern. Das Stadtwappen, drei Sterlete auf blauen Grund,  symbolisiert die große Bedeutung der Wolga und des Fischfangs für die Stadt. Saratov ist Hauptstadt der gleichnamigen russischen Oblast (Gebiet) und ein wichtiges kulturelles und wirtschaftliches Zentrum Russlands.

Von Brandenburg ist die Stadt 2700 km entfernt. Man gelangt dorthin u.a. mit einem Flug über Moskau und einer sich anschließenden Zugfahrt von 16 Stunden im Schlafwagen. Die Zugfahrt ist immer ein besonderes Erlebnis für unsere Schüler.

Saratov wurde 1590 nach Samara und Zarizyn gegründet. Der Zar Fjodor Iwanowitsch wollte so die Südgrenze des Zarenreiches gegen Überfälle der Reitervölker aus den Steppen schützen. Schon damals spielte die Stadt als Handelszentrum für Russland eine große Rolle.

Die Zarin Katharina II., aus dem deutschen  Fürstenhaus Anhalt-Zerbst stammend, siedelte u.a. in der Gegend um Saratov in der 2. Hälfte des 18. Jh. zahlreiche Kolonisten aus Deutschland an. Hier nimmt die Geschichte der sogenannten Wolgadeutschen ihren Anfang. Ein eher trauriges Kapitel der Geschichte sind die zahlreichen Deportationen der Wolgadeutschen unter Stalin nach Sibirien.

Saratov wird ausdrücklich in einer der ersten deutschsprachigen Reisebeschreibungen über Russland erwähnt und war in ihrer Blütezeit im 19. Jh. eine der größten Städte im russischen Reich.

In Saratov leben bis heute Vertreter vieler verschiedener Nationalitäten.  Die Stadt bewahrt mit besonderer Sorgfalt die allgegenwärtigen Spuren der Deutschen. So gibt es neben einer Vertretung des Goethe-Instituts das sogenannte  Deutsche Zentrum, das sich besonders um den Erhalt und die Verbreitung der deutschen Sprache verdient macht und das wir regelmäßig während unserer Russlandfahrten besuchen.

In Saratov gibt es eine Oper, ein Konservatorium und den ältesten russischen Zirkus. Berühmte Persönlichkeiten der Stadt sind Pjotr Stolypin, ein Staatsmann, Alexei Bogoljubow, ein Maler, der in Saratov das nach seinem Großvater Alexander Radischtschew benannte Museum eröffnete, und Juri Gagarin, der 1961 als erster Mensch ins Weltall flog.

Wichtige Wirtschaftszweige der Stadt sind Landwirtschaft und Maschinenbau. In Saratov und Engels befinden sich zahlreiche deutsch-russische Joint Ventures, z.B.  mehrere Boschwerke. Es gibt also viel zu entdecken.

Die Zhongguang High School befindet sich in der zu Shanghai gehörenden historischen Stadt Jiading. Die Schule wurde zu Ende des zweiten Weltkriegs, noch während der japanischen Besatzung, im Jahre 1945 gegründet. 2006 zog sie in den heutigen großzügigen Schulcampus um. Dieser umfasst ein großes Verwaltungsgebäude mit großzügiger Eingangshalle, ein hohes Gebäude mit den Klassenräumen, zwei Internatsgebäude (für Mädchen und Jungen), eine riesige Mensa, Fachgebäude für Naturwissenschaften, Tanz und Musik, Töpfern und Keramik (mit Ausstellungshalle), Kunst und Kalligraphie, Teezeremonie, eine Bibliothek und ein riesiges Sportgelände. Aktuell besuchen ca. 600 Schülerinnen und Schüler die Schule in den (fünfzügigen) Jahrgängen Senior 1, Senior 2 und Senior 3. Die Klassenstärke beträgt zwischen 35 und 45 Schülern. Geleitet wird die Schule von Frau Zhang Junfeng, einer Chemie-Lehrerin, die selbst aus Jiading stammt.

Die Schule befindet sich unweit einiger altchinesischer Innenstadtstraßenzüge mit Kanälen, einer Pagode und einem berühmten Konfuzius-Tempel. Das Schulgelände grenzt unmittelbar an den die historische Stadt kreisrund umgebenden Fluss. Mit dem Bus erreicht man in 10 Min. die Endstation der Metrolinie 11, Jiading-Nord. Von dort erreicht man in ca. 50 Minuten die atemberaubende Innenstadt von Shanghai mit dem berühmten Bund am Huangpo und dem Klein-Manhattan Pudong.

Chinesischer Steingarten im Domgymnasium
Rückblick auf die Schulpartnerschaft mit Zhongguang High School 2017

Ein chinesisches Sprichwort besagt: „Die Natur der Menschen lässt sie einander nah sein, doch die Gebräuche halten sie voneinander fern.“ Das stimmt nicht unbedingt. Vermutlich hatte der chinesische Philosoph Konfuzius etwas anderes im Sinn, als er von Gebräuchen sprach. Doch versteht man darunter unterschiedliche Arten, Kultur auszuleben, so hat das Kennenlernen der fremden Bräuche uns, also die Schüler unserer Partnerschule in Shanghai-Jiading und die Schüler des Evangelischen Gymnasiums am Dom zu Brandenburg, erst so richtig zusammengeschweißt.

Nachdem wir im vergangenen Oktober bei einer Reise nach Peking und Shanghai die Kultur Chinas erleben durften, besuchten uns vom 8.07.-18.07.2017 15 chinesische Schüler und 4 Lehrkräfte, um für einige Tage in unseren Familien  zu leben und Einblicke in unsere Bräuche zu erhalten: angefangen bei christlichen Traditionen in Form von Andacht und Gottesdient bis hin z.B. zu einem Konzert der Chor- und Bläserklassen, einem guten Brauch des Domgymnasiums.

Freilich reichten knappe zwei Wochen weder für das Vermitteln noch für das Erfahren der unterschiedlichen Kulturen mit all ihren Facetten aus. Da unsere gemeinsame Zeit jedes Jahr begrenzt ist, konzentrieren wir uns – das ist traditionell in unserem Austausch – immer auf ein konkretes Thema und arbeiten gemeinsam an einem Projekt. In diesem Jahr stand der Aspekt „Kulturelle Identität“ im Vordergrund; so haben wir gemeinsam mit unseren chinesischen Gästen Fotografien angefertigt, die unsere gemeinsame Zeit dokumentieren und zugleich verschiedene Aspekte kultureller Identität beschreiben, damit am Ende ein Fotobuch entstehen kann. Um unseren Gästen deutsche Kultur näher zu bringen, besuchten wir mit ihnen z.B. die Alte Nationalgalerie in Berlin, das Museum Barberini sowie das Neue Palais in Potsdam und machten einen Ausflug in den Spreewald samt Kahnfahrt – um nur einige Punkte unseres Programms zu nennen.

Unsere gemeinsame Zeit wurde durch eine Abschiedsparty abgerundet – auch das ist Tradition, seit wir im Jahr 2013 unsere Schulpartnerschaft besiegelten. Im Oktober 2017 reisen wieder Schüler unserer Schule nach China, um weitere Freundschaften zu knüpfen, die eine Distanz von grob 7200 Kilometern bestehen.

Von Lukas Ebeling und Martina Teubner

„Frau Chou, kann ich nächstes Jahr wieder mitfahren?“ oder „Ich wäre am liebsten dageblieben!“ So lauteten am Ende unserer diesjährigen Chinafahrt die Rückmeldungen unserer Schülerinnen und Schüler. Sie zeigten, was wir die ganze Zeit schon spürten. Die Reise war ein voller Erfolg!